Die Jugend will Zukunft sein
Die kirchliche Jugendarbeit versteht sich als „Dienst der Kirche an der Jugend und dadurch als Partizipation daran, dass Kirche jung und ansprechend bleibt“.
von admin
Die Freude der Kirchen war gross, als der Bundesrat letzte Woche für das Durchführen von Gottesdiensten grünes Licht gab. Auf diesen Moment warteten viele. Dekan Pfarrer Kurt Susak erzählt im Gespräch, wie er die Zeit erlebte, und welche Veränderungen die Corona-Krise bei den Kirchen auslöste.
DZ: Kurt Susak, wie erlebte die katholische Pfarrei Davos die vergangenen Wochen?
Kurt Susak: Bereits vor dem Shutdown wurden ja häppchenweise Massnahmen beschlossen, sodass nach und nach die Tragweite der Epidemie sichtbar wurde. Das Gottesdienst-Verbot wurde während des alltäglichen Kirchenlebens ausgesprochen, wobei mit der Fastenzeit eine besonders intensive Phase anstand. Was mich positiv überrascht hat: Wie viele Menschen die kirchlichen Anlässe und Gottesdienste vermisst haben.
Was bedeutete diese Situation für Sie?
Für uns war das Ganze mit einem enormen Arbeitsaufwand verbunden – sowohl organisatorisch als auch seelsorgerlich. Die Arbeitsweise hat sich komplett verlagert, vom persönlichen direkten Kontakt hin zum Kontakt via Telefon, EMail und WhatsApp. Beispielsweise die Absage der Erstkommunion, Firmung oder der Hochzeiten war einschneidend, denn diese Anlässe sind mit Besuchen der Familien – teils auch aus dem Ausland – verbunden. Auch die Durchführung von Beerdigungen war ganz speziell. Da nur wenige Angehörige dabei sein durften, hielten wir oft per Telefon Trauergespräche ab. Ganz herausfordernd wurde es, als klar wurde, dass wir die österliche Woche nicht wie gewohnt feiern können. In Davos haben wir an diesen Gottesdiensten mit Orchestermesse und vielen liturgischen Ritualen nämlich stets eine aussergewöhnlich grosse Beteiligung. Ostern, das Hochfest der Auferstehung Jesu, ist das Herzstück unseres Glaubens und wurde trotzdem gefeiert!
Die Gottesdienste wurden ja nun per Live-Stream übertragen. Wie kam es dazu?
Das war typisch Davos. Unsere hauptund ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Räten, Gremien, Vereinen, der Caritas bis hin zur Pfarreijugend und den Ministranten sind einfach spitze, innovativ und erfrischend spontan. Hier kann ich allen nur danken. Das braucht Kirche! Durch unseren Jugendpfarreirat wurde schnell eine solche Online-Lösung eingerichtet. Ich war zu Beginn skeptisch, denn das gemeinsame Feiern der Liturgie, das gemeinsame Beten, Singen und der Kommunionempfang sind ja das Wesensmerkmal einer Eucharistiefeier. Als dann Papst Franziskus auch täglich Heilige Messen per Live- Stream zu übertragen begann, wusste ich, dass diese Idee nicht so falsch sein kann.
Wie kam diese Lösung bei den Gläubigen an?
Die Resonanz war grossartig. Am Sonntag feiern durchschnittlich etwa 250 Leute mit. Das Video von Ostern wurde mittlerweile sogar über 3000 Mal aufgerufen. Ein älteres Davoser Ehepaar zum Beispiel schuf sich extra mithilfe seiner Kinder einen Laptop an, damit sie die Gottesdienste mitverfolgen können. Und auch die Bewohner des Zentrums Guggerbach konnten die Gottesdienste dank Urs Tobler immer mitfeiern. Für die Leute war es wichtig zu spüren, es geht weiter, und wir sind da. Wir werden übrigens den Live-Stream weiterführen.
Wie hat aus Ihrer Sicht die Corona-Krise das Leben verändert?
Eine Frucht der Krise war, dass sich Leute gemeldet haben, mit denen es vorher kaum Kontakt gab. Viele sind proaktiv auf die Kirche zugegangen. Die Schwelle zum Zugang zur Kirche war während der Krise viel tiefer. Wir haben auch zahlreiche Leute von uns aus kontaktiert. Viele Menschen fanden den Weg zur Kirche, gerade solche mit existenziellen Ängsten. Der Bedarf an Opferkerzen, Gebetsbitten und dem Segen war enorm. Viele haben es uns verdankt, unbürokratisch Hilfe zum Beispiel über die Pfarreicaritas, die unser Vikar Pius Betschart hervorragend leitet, bekommen zu haben. Dies alles können wir nur dank der solidarischen Kirchensteuer leisten. Vielleicht hat es uns gutgetan, dass wir aus dem Hamsterrad des Alltags ausbrechen mussten. Unzählige Diskussionen über Themen, die oft nur Einzelinteressen berücksichtigen oder unproduktive Sitzungen zeigen, dass wir uns dringend entschlacken müssen. Das hat auch der Kirche gezeigt, was unser Kernauftrag ist. Wir können nicht mit der bisherigen Normalität fortfahren. Es braucht nun Mut, um alte Zöpfe abzuschneiden. Wir müssen mutig und mit neuen Kräften in die Zukunft gehen. Kirche ist mehr, als nur auf Gottesdienste fixiert zu sein. Die Hilfsbereitschaft zu Beginn der Krise war grossartig und hat gezeigt: Wir können Solidargemeinschaft! Das ist gelebte Nächstenliebe. Unsere christlichen Werte wurden so gestärkt.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Glaubensgemeinschaften während der Krise?
Alle Kirchen und Gemeinschaften, die in Davos über die AKiD verbunden sind, haben versucht, das möglich zu machen, was sie können, und auf Bedürfnisse und Anliegen einzugehen. Es hat sich ein neues Bewusstsein entwickelt, dass wir als Religion in einer säkularen Welt mit einer Stimme sprechen müssen. Das enge konfessionelle Denken verändert sich, Grenzen und Konkurrenzdenken werden abgebaut. Das ist ein sehr schönes Zeichen. Die Menschen suchen einfach, was sie anspricht. Insbesondere in einer Krise suchen sie keine Experimente. Sie suchen das, was ihnen Halt gibt, beispielsweise in bewährten Gebetsformen. In den Ritualen und im Sakramentalen sind wir stark! Nicht in abstrusen Philosophien, sondern im bodenständigen Glauben. Mein Wunsch wäre, dass wir uns im gemeinsamen Gebet und Streben zusammenfinden, um im Schöpfungsauftrag Gottes zu glauben und entsprechend heilsam für die Welt und die Kirche zu handeln.
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