Gedanken zu Ostern

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Kurz vor Ostern erinnere ich mich besonders gerne an die wunderbare Pilgerreise mit unserer Davoser Pfarrei vom letzten Jahr. Die beeindruckenden Stätten in Bethlehem, Nazareth und Jerusalem sind wahrhaft imponierend und im Glauben heilsam stärkend. Man fühlt sich den Wurzeln des Glaubens und dem Geheimnis Jesu von Nazareth auf besondere Weise nahe. Dieses berührende Gefühl, dem Herrn an seinen Wirkungsstätten besonders intensiv zu begegnen, erfuhren Israel-Wallfahrer wohl zu allen Zeiten.

Heilige Woche im Jahr 386

1884 entdeckte ein Forscher in der Stadt Arrezo eine uralte Handschrift aus dem 11. Jahrhundert. Diese Handschrift überlieferte einen frühen Reisebericht ins Heilige Land, der von einer Ordensfrau oder Äbtissin stammt, die im 4. Jahrhundert (vermutlich 386) eine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternahm, um dort die Heilige Woche und das Osterfest mitzufeiern. Aetheria, so ihr Name, berichtete ausführlich über die Reise und die liturgischen Feierlichkeiten, um ihre Mitschwestern eingehend darüber zu informieren. Dieser Bericht der Aetheria ist in der Forschung zu einer wichtigen Quelle geworden, die uns in vielen Einzelheiten davon berichtet, wie Christen vor 1600 Jahren die Heilige Woche in Jerusalem feierten. Wenn wir diese alte Quelle betrachten, dann können wir eine erstaunliche Entdeckung machen: Alle wesentlichen Elemente, die heute die Liturgie der Karwoche und des Osterfestes ausmachen, sind auch vor 1600 Jahren schon vorhanden. Damals wie heute bildet der Palmsonntag sozusagen das Tor zur Karwoche. Der heilige Augustinus sagt, dass wir in dieser Heiligen Woche die „grössten Geheimnisse unseres Glaubens feiern, die Geheimnisse des leidenden, gekreuzigten, begrabenen und auferstandenen Herrn Jesus Christus“.

Herzstück des Glaubens

Dieses Herzstück unseres Glaubens wird nicht an einem einzigen Tag gefeiert: Es ist eine ganze Reihe von Tagen, an denen wir den Weg beschreiten, den Christus von der Leidensnacht bis hin zur Herrlichkeit der Auferstehung geht, den Weg, den die Liturgie auch das „Pascha Domini“, den Vorübergang des Herrn, nennt. Beim 2. Vatikanischen Konzil entwickelten die Konzilsväter in der Liturgiekonstitution (Sacrosanctum Concilium) einen Schlüsselbegriff, mit dem sie versuchten, die Mitte der Liturgie in ein Wort zu fassen. Sie fanden den auf den ersten Blick recht abstrakt klingenden Begriff „Pascha Mysterium“, der aber genau das beschreibt, was die konkret gelebte christliche Existenz ausmacht. Entäusserung – Erniedrigung – Erhöhung: im Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu findet das „Mysterium Christi“ seinen Höhepunkt. Der Palmsonntag und die Tage der Karwoche, der Gründonnerstag mit der Heiligen Messe vom Letzten Abendmahl, der Karfreitag mit seiner eindrucksvollen, uralten Liturgie des Leidens und Sterbens Christi und der Tag der Grabesruhe des Herrn, der Karsamstag - sie alle bilden Stationen auf dem österlichen Weg, der schliesslich in den grandiosen Jubel des Osterfestes einmündet. Es ist unser Weg, der Weg des Menschen, der oft genug über den Weg des Leidens hin zu erhellenden und neuen „Auferstehungsperspektiven“ führt.

Ganz nahe

Man muss nicht unbedingt ins Heilige Land pilgern um dem Herrn ganz nahe zu sein. Wer die Liturgie der Heiligen Woche innerlich bewusst mitfeiert, der wird „Damals wie Heute“ berührt vom Herzstück des christlichen Glaubens. Als Kirche tun wir heute nichts anderes als damals. Und das ist gut so! In aller Unbeständigkeit unserer schnelllebigen Zeit feiert die Kirche beständig das Geheimnis des Glaubens. Damals wie Heute und Heute wie Damals!

Wir wünschen Ihnen Freude am Geheimnis des Lebens und Freude, die über alles Vergängliche hinausgeht. Frohe und gesegnete Ostern!

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