Gedanken zum Nationalfeiertag

von

Im Namen Gottes des Allmächtigen!

Mit diesem kraftvollen Wort der «Invocatio Dei» (Anrufung Gottes) beginnt die Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Nationalfeiertag am 1. August will uns an die bedenkenswerten Worte der Präambel erinnern, deren Anfänge bis in das Jahr 1291 zurückreichen.

«Im Namen Gottes des Allmächtigen! Das Schweizervolk und die Kantone, in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung, im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken, im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben, im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen, gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen…»

Der Bezug auf Gott am Beginn der Verfassung will ethisch-moralische Letztinstanz für alles staatliche, gesellschaftliche und religiöse menschliche Handeln darstellen. Die Anrufung Gottes macht uns bewusst: kein Mensch kann in seinem individuellen Handeln ethisch-moralische Letztinstanz selbst sein. Dass das richtig ist, lehren uns die menschenverachtenden Ideologien der letzten Jahrhunderte, in denen sich die Diktatur als Letztinstanz an den Platz Gottes stellte. Der kleine, aber laute Kreis, selbsternannter Gegner einer «Invocatio Dei» sehen im Verweis auf Gott ein Problem und ein belastetes, christliches Relikt, das in einer pluralistischen und multikulturellen Gesellschaft nicht mehr tragbar sei. Für die stille Mehrheit der Befürworter aber, steht der Name Gottes – der schon im Begriff «Eid-genossenschaft» implizit ausgedrückt ist – für den verpflichtenden Horizont jenseits aller menschlichen Machtentfaltung, an der sich das Geschöpf Mensch letztlich zu orientieren hat. Schon die beiden grossen Aufklärer der Moderne, Kant und Rousseau, kommen in ihrem philosophischen Denken nicht ohne Gott aus. Für Kant «ist Moral nur denkbar, wenn eine Instanz besteht, die Moralität überhaupt erst begründet und ermöglicht». Rousseau beschrieb in seinem «Contrat social» das Konzept einer «religion civile» (Zivilreligion), da er der Überzeugung war, dass jedes geordnete Gemeinwesen letztendlich der Religion bedürfe.

Der evangelisch-reformierte Theologe Karl Barth erläutert im Zweiten Weltkrieg (1941), dass die kriegsverschonte Schweiz von Gott mit besonderer Gnade gewürdigt wurde und dass die vier christlich geprägten Zeichen, 1. invocatio Dei in der Bundesverfassung, 2. der Begriff Eid-genossenschaft, 3. das Schweizer Kreuz und 4. die Randschrift auf dem «Fünfliber»: Dominus providebit! – Gott wird vorsorgen!) ein Aufruf an die Christen und an alle Menschen im Lande seien, sich stets gemeinsam für den Erhalt der freiheitlich-demokratischen Schweiz mit ihrem Konzept christlicher Grundwerte einzusetzen.

Der Nationalfeiertag ist neben den familiären Feiern mit Grillplausch, Ausflügen und gemeinsamen Festen ein Tag, der uns grundsätzlich daran erinnern will, auf welchem Fundament unsere Zivilgesellschaft gebaut ist. In einer Zeit, in der die Individualisierung, der Egoismus und die Spaltungen in der Gesellschaft zunehmen, braucht es den Blick auf das allgemein Verbindliche. Wir spüren, dass die Grundpfeiler des gesellschaftlichen Zusammenhalts wanken. Jede und Jeder sind sich in ihren jeweiligen Lebens- und Glaubensentwürfen oft selbst die Nächsten. «Jeder hat recht, egal was er tut, nur der andere nicht». Diese Grundhaltung führt oft genug zu abstrusen politischen Forderungen und zu Einstellungen im Glauben, die jeder vernünftigen und rationalen Grundlage widersprechen. Wir machen uns die Grundlagen der Eidgenossenschaft nicht selbst: sie sind uns als Erbe geschenkt, wir bauen lediglich auf dem Fundament weiter. Wir machen uns auch die Grundlagen des Glaubens nicht selbst: sie sind uns durch die göttliche Offenbarung in Jesus Christus gegeben. Sich auf diese Grundlagen wieder zu besinnen, sich selbst daran zu orientieren und allenfalls zu korrigieren (Umkehr), schafft allgemeinverbindliche Werte und Normen, die unsere Gesellschaft in eine gute gemeinsame Zukunft weiterführen können.

Der Festgottesdienst am Nationalfeiertag, der als «Jodlermesse» um 10.00 Uhr oberhalb der Reithalle Davos Frauenkirch für alle gefeiert wird, bietet eine wunderbare Gelegenheit, sich dankbar der Grundwerte unserer Kultur und Heimat erneut bewusst zu werden. «Dankbar rückwärts – mutig vorwärts – gläubig aufwärts»!

Ich wünsche Ihnen, unseren Familien und Gästen einen frohen und gesegneten 729. Nationalfeiertag!

Dekan Pfr. Kurt B. Susak, Kath. Kirche Davos

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